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Seit Ewigkeiten schon hingen die Tickets an meiner Pinnwand. Hab mich derbe drauf gefreut. Gestern war es endlich soweit: Jennifer Rostock spielten ihre »Genau in diesem Ton«-Tour in Hamburg.

Mit Wegbier ging’s zu Fuß vom Hauptbahnhof zum Mehr! Theater am Großmarkt. Man ist das weit draußen im Nirgendwo. Aber die Location ist cool. Wer ist eigentlich Support? Was?! Jupiter Jones. Oh wie cool. Endlich mal eine Vorband, die man kennt!

Die Menschenmassen vor dem Eingang bewegte sich nur langsam vorwärts. Ich musste mein Desinfektionsmittel wegwerfen, weil es brennbar ist. Orr. Das brauche ich doch! Pünktlich waren wir drin. Und was soll ich sagen … Jupiter Jones haben schon angefangen zu spielen! Die sind zu früh!

Wir suchten uns einen strategisch günstigen Platz zwischen Bar und Bühne. Wir wippten und sangen sogar mit. Und das bei der Vorband. Hui, wie cool. Plötzlich ist es so still.

Umbaupause. Wir werden mit vollkommen unpassender Musik beschallt. Mambo No. 5 ist nur eines davon. Davon ließen wir uns aber nicht beirren. Bier regelt das schon für uns. Dunkelheit. Dubstep. Bunte Lichter. Was soll das? Da sind Baukräne über der Stadt, die alles das verändern, was Dich verändert hat. Schnaps. Zickezackezickezacke … Konfetti! Sag mal ist da noch ein Platz frei, zwischen den Stühlen? Es ist Platz genug sich fehl am Platz zu fühlen. Ich hab kein Bock auf Smalltalk und schlechte Witze! Kein Bock aber Gästeliste.

Ein rosaroter, riesengroßer Elefant steht im Raum, doch man sieht in kaum! Jeder Augenblick ist Hartgeld und Du hast die Wahl: Kopf oder Zahl? Halt warte. Singt das nicht sonst eigentlich immer eine großbrüstige Frau aus dem Publikum? Vorzugsweise gegen ein anderes vollbusiges Mädel? Der Sound im Mehr! Theater haut einen übrigens nicht wirklich vom Hocker. Der könnte tatsächlich etwas besser sein.

Ich geh da hoch und mach die Sterne scheu. Ich geh da hoch und streich den Himmel neu. Ich bleib nachts in meinen Träumen treu. Sag mal, muss das sein? Das Publikum bebt. Alle singen mit. Natürlich streicht aber nur die eine Hälfte den Himmel neu – die andere macht die Sterne scheu. Irgendwas ist immer. Die Sonne scheint hell und das Leben ist hart. An der Salatbar gibt’s immer nur Salat!

Korken knallen, Gläser fallen, Schnapsfahnen färben sich regenbogenfarben, wenn das Licht sich in den Scherben bricht. Kannst du mich sehen? Auch wenn alles schimmert, auch wenn tausend Farben sich um uns drehen. Plötzlich war Jenny – nee, so soll man sie nicht nennen – irgendwo anders. Es wurden sanftere Klänge angestimmt. Auf der Bühne inmitten des Publikums. Zu große Worte haben wir vermieden. Aus Angst, wir könnten uns zu sehr verlieben.

Hui. Ich wurde mal wieder etwas emotional. Solche Acoustic-Versionen sind immer ganz kritisch bei Konzerten. Du bist wieder am Zug. Zieh einen Stein aus der Mauer. Einen Stein aus dem Tower. Ein schwankender Turm. Wir spielen Jenga. Macht meine Gemütslage nicht unbedingt besser. Mir wird immer nachgesagt, dass ich keine Emotionen zeige. Ich glaube gestern hab ich häufiger das Gegenteil bewiesen.

Wenn früher alles besser ist und morgen heute gestern ist: Wofür dann dieser Stress? Ein Glück wieder auf der normalen Bühne. Noch so ein langsames Lied hätte ich echt nicht verkraftet. Neider machen Leute. Und das einzige Interesse gilt dem Blech in meiner Fresse. Wenn man uns nicht kennt, ist es leicht uns zu hassen. Hast du Feuer? Gib mir Feuer und dann steck dein Streichholz wieder ein. Die Zigarette danach rauch ich lieber allein.

Ein bisschen Gemeinschaftsgefühl: Wir sind ein Schmerz und eine Kehle, bevor alle Deiche überschwemmt werden. Aber ich kann nichts dagegen tun. Trotzdem waren wir hier! Wolken aus Rauch steigen hinter uns auf, denn wir war’n hier! Ey, die Rostocks feiern dieses Jahr übrigens ihr zehnjähriges Bandjubiläum! Und ich bin immer noch so begeistert von dieser Band, wie bei ihrem ersten Album. Schafft auch nicht jeder!

Zugabe. Wir waren hier. Obwohl wir alle nicht von hier sind! Es geht doch um den Menschen, was sind Pässe aus Papier? Wir teilen uns diese Erde, komm wir teilen uns noch ein Bier! Ekstase. Famos. Grandios. Schön. Was muss passieren? Ich bleib ratlos. Was soll ich tun? Du machst mich schlaflos. Du bist taktlos, taktlos, bring mich aus dem Takt bloß sing mir keine Lieder, denn Deine Lieder sind geschmacklos! Doch es war nicht alles schlecht! Ein gelungener Abschluss! Nazis raus – Schwanz rein!

Doch kein richtiger Abschluss. Plötzlich warf die Band noch ein Lied in den Raum! Trau keinem System, trau nicht irgendwem. Lass dich nicht von Zuckerbrot und Peitsche zähm. Ich bin kein Herdentier, nur weil ich kein Hengst bin. Ja stimmt, die Hengstin – ich weiß nicht warum, aber ich find’ das Wort klingt ganz furchtbar – darf natürlich nicht fehlen! Aber nach etwas mehr Konfetti war es das wirklich! Es war mir ein inneres Porschefahren!

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