Sommerzeit ist Festivalzeit. Und Traditionen wollen gewahrt werden. Darum war ich auch dieses Jahr wieder auf dem Hurricane Festival! Grob zusammengefasst kann man sagen: So ein Hurricane habe ich noch nie erlebt! Es war sonnig. Es war warm. Sowas kenne ich von diesem Festival gar nicht. Wir erinnern uns nur mal an das Hurricane 2016 zurück, als plötzlich die Welt unterging!
Die Anreise war sehr entspannt – dieses Jahr tatsächlich mit dem Auto. Nach einer kurzen Tetris-Session passte sogar das gesamte Gepäck hinein und wir fuhren los. Knapp eine Stunde später waren wir bereits da. Auf einem semiguten Parkplatz. Die guten Parkplätze wurden allerdings auch noch gar nicht zugewiesen. Bändchenvergabe ging auch noch nicht los. Wir stromerten also ein bisschen umher zum anderen Bändchenzelt – in der Hoffnung, dass hier weniger Menschen warteten. Dem war nicht so.
Dennoch verlief die Vergabe erstaunlich schnell, organisiert und gesittet, sodass wir uns recht fix – vollbepackt wie wir waren – einen schönen Zeltplatz auf dem GreenCamp aussuchen konnten. Hurtig den Pavillon aufgebaut, da musste ich auch schon wieder zum Bahnhof um Necim abzuholen. Ein Bier und einen Gin-Tonic später trafen wir uns mit Vivi und Jan am Auto, um direkt den Rest zum Camp zu tragen. Und schon stand auch alles. Das Wetter war durchwachsen. Wir öffneten noch ein Bier und schmissen den Grill an. Endlich was Richtiges essen. Wurde auch Zeit!
Zwischen den Regenwolken luscherte kurz die Sonne durch, tendenziell hielt sich der Regen aber sehr zurück. Ein paar Biere später machten wir uns auf den Weg zur Wild Live Stage – hier stieg dieses Jahr die WarmUp-Party. Rechtzeitig zu Radio Havanna waren wir am Start. Das Gute war: das GreenCamp lag dieses Jahr unfassbar zentral. Radio Havanna gefielen mir ganz gut. Das Bier in meiner Hand aber auch. Weiter ging es mit Montreal. Die spielten nicht nur am Donnerstag, sondern nochmal am Samstag. Bereits bei Rock am Beckenrand fand ich die Jungs ziemlich gut. Dieses Mal wieder.
Das Wetter wurde zunehmend schlechter. Kein Hurricane ohne Schietwetter eben – Traditionen wollen gewahrt werden. Wir suchten Schutz bei einem E-Zigaretten-Stand – in der Hoffnung, dass das Gepladder schnell wieder vorüberzieht. Es schwankte leider maximal in der Intensität. Also probierten wir uns durch die verschiedenen Geschmacksrichtungen mit 0mg Nikotin und ließen uns schließlich bequatschen, so ein Teil für einen Supersonderpreis zu erwerben. Ist quasi wie eine Taschen-Shisha. Schmeckt ganz gut. Also einige Sorten, nicht alle.
Parallel spielten Querbeat. Die wollte ich sehr gerne hören, doch der Stand lag akustisch gesehen ziemlich bescheiden. Sehen konnte ich gut. Man hörte bei Wind und Wetter nur recht wenig. Leider. Ich glaube nämlich die Jungs hätten bei gutem Wetter eine wirklich gute Stimmung verbreitet! So aber verließen wir den Playground vorzeitig um uns in unseren Zelten zu verkriechen.
Der nächste Tag begann recht früh. Obwohl wir dieses coole Zelt hatten, konnten wir irgendwie nicht lange schlafen. Nach einer ausgiebigen Dusche schlenderten wir auf dem Campinggelände umher, waren shoppen und frühstückten Handbrot. Handbrot mit Bacon und Ei. Das war gut! Nicht so, wie das mit Lauch auf dem Lunatic Festival. Das war nämlich leider unfassbar langweilig. Es war fast idyllisch hier auf dem Campingplatz. Nur einer unserer Nachbarn war komisch. Total verstrahlt. Aber über den konnte man hinwegsehen. Ich machte mich chic: mit pinker Leopardleggings und gelber Netzleggings war ich festivalbereit – außerdem passte das sehr gut zu Necims Pulli.
Flunkyball durfte natürlich nicht fehlen. Meine Mannschaft – wie könnte es anders sein – gewann diese Schlacht. Anschließend ließ ich mich von Michelle, unserer Nachbarin, noch tätowieren (natürlich nicht richtig). Spontan mussten wir auf jeden Fall noch den Special Guest mitnehmen: Frittenbude! Ebenfalls auf der Wild Live Stage. Von denen war ich aber leider ziemlich enttäuscht. Klar, sie haben sehr viele sehr richtige Dinge zu sagen, aber das kam alles irgendwie so häppchenweise zwischen den Liedern verteilt, dass keine richtige Stimmung aufkam – mal davon abgesehen, dass die neuen Lieder mich eh nicht so überzeugen.
Nach einer kleinen Erholungspause ging es recht spät aufs Festivalgelände. An Enter Shikari – die sind zwar gut, hab ich ja aber schon häufiger gesehen – vorbei zu Teesy. Ich dachte, das wäre einer von den Orsons. Anscheinend nicht. Ich glaubte aber auch, er sei so ein kleiner Teeny-Rapper. War er auch nicht. Das war einfach ein erwachsener, vernünftiger Mann dort auf der Mountain Stage (ehemals Red Stage). Mit guten Beats und toller Stimmung. Einen vegetarischen Döner später fanden wir uns dann an der River Stage (ehemals Blue Stage) wieder. Bosse gab dort all seine Hits zum besten. Ich – schon leicht duhn – hatte einen kurzen Anfall von Emotionalität. Zum Glück mussten wir uns dann aber auch von der Bühne entfernen um rechtzeitig bei Parkway Drive zu stehen.
Die fand ich ziemlich gut! Es begann mit einer kleinen Mönchszeremonie und lautem Getöse. Die Bühne brannte. Blitze erhellten die Dämmerung. Mir gefiel das sehr gut. Necim nicht so, also kamen wir zu dem Konsens, dass wir nach einiger Zeit zurück zur Mountain Stage und Ufo361 wanderten. Der Berliner Rapper war unerwartet gut. Hätte ich so nicht erwartet. War eher auf Klamauk-HipHop eingestellt. Dann war der Tag für mich aber auch schon zu Ende. Die Toten Hosen wollte ich mir leider wirklich nicht geben.
Samstag. Bestes Wetter. Die Sonne knallte. Eine sanfte Brise wehte uns um die Nase. Duschen brachte einen wieder nach vorn. Zeit für einen morgendlichen Spaziergang. Es gab Bier. Es gab Mexikaner. Zwischendurch kam noch eine Kollegin vorbei, der wir bei einer Schnitzeljagd helfen mussten: »Wir brauchen jemanden, der sich bis auf die Unterhose auszieht!«, sagte sie, da ließ mein Mann schon alle Hüllen fallen. War ja für die gute Sache.
Pünktlich zur ersten Band wollten wir auf dem Festivalgelände sein. Das klappte nicht so gut, denn der Haupteingang war noch verschlossen. Am Nebeneingang drängten sich somit alle Frühaufsteher dicht an dicht. Man schnackte hier, man schnackte da. Diverse Leute klauten sich meine Sonnencreme. Wir standen dort leider so lange, dass wir die toten Crackhuren im Kofferraum bereits verpasst haben. Schade! Immerhin waren wir noch rechtzeitig bei Schmutzki!
Unsere Outfits waren auch heute wieder ziemlich auffällig: Necim blendete alle mit seinem Auftritt. Er trug ein silber-regenbogen-perlmuttiges Oberteil. Ich hingegen entschied mich für den neongrünen Fransenvorhang. Alex Mofa Gang spielten auf der Mountain Stage – gefühlt die Stage dieses Jahres für uns. Alternativer Indie-Sound. Sehr gut um entspannt auf der Wiese zu sitzen und noch ein Bier zu trinken und sein Bändchen zu betrachten. Es ist wieder gewebt! Endlich! Die letzten beiden Jahre war es nämlich nur gedruckt und das hat mich wirklich unglücklich gemacht!
Fünf Sterne Deluxe! Auf die freute ich mich wirklich! An den Auftritt vor vier Jahren erinnere ich mich nämlich leider nicht mehr so gut. Nun ja, was soll ich sagen? Ich war irgendwie der Meinung, dass Samy Deluxe noch am Start wäre. Bis die Jungs dann auf der Bühne standen. Huch? Wo ist Samy? Ach der ist gar nicht mehr dabei? Schade. Dachte ich könnte ihn wenigstens so nochmal live sehen, nachdem die Red Stage letztes Jahr leider so unfassbar überfüllt war.
Wir ließen uns auf einen kurzen Abstecher zum Camp ein – Flunkyball und Mexikaner forderten unsere Aufmerksamkeit ein. So verpassten wir die Orsons und Muff Potter. Die 257ers konnten wir auch kaum feiern, weil wir pünktlich um Viertel nach Sieben an der Forest Stage bei Bloc Party stehen wollten. Die waren okay. Nicht herausragend, aber okay. Konnte man sich anhören, letztes Mal fand ich sie dennoch besser. So langsam schwante mir: Konzerte sind tendenziell besser, wenn man mitten in der Menge steht. Wir standen dieses Jahr generell eher abseits. Zwischenzeitlich verloren wir Necim aus den Augen. Der holte allerdings bloß seinen flauschigen Pulli.
Als er also wieder auftauchte, führte uns das Schicksal zu den Wombats. The Wombats sind eine Band, die es gefühlt jedes Jahr nach Scheeßel verschlägt. Ich mag die aber. Britischer Indie-Pop ist genau meins. Damit die Runde perfekt ist, ging es anschließend zu Me First & The Gimme Gimmes. Joa. Kann man sich durchaus mal anhören. Macklemore auf der River Stage war gut besucht – den habe ich tatsächlich schon mal hier gesehen. Verrückt. Hatte ich gar nicht mehr so auf dem Schirm. Der Tag endete mit Mumford & Sons auf der Forest Stage. Wie ich allerdings ins Bett kam ist mir gänzlich schleierhaft.
Sonntag. Was? Schon wieder der letzte Festivaltag?! Die Zeit rast aber auch! Man hätte denken können, dass ich vollkommen verkatert aufwache. Aber weit gefehlt! Es ging mir fabelhaft! Die Dusche tat mir nur nicht so gut. Denn genau in dem Moment, als wir unter der Dusche standen neigte sich der Kaltwasserstand dem Ende, sodass wir uns mit kochend heißem Wasser abfinden mussten. Das ist auf Sonnenbrand nicht unbedingt angenehm. Aber was will man machen. Zur Belohnung für diese Tortur gab es selbst gemachtes Rührei mit Bacon zum Frühstück! Dekadent! Es wurde Flunkyball gespielt. Also alles wie immer.
Hab ich eigentlich schon von den Goldeimer-Toiletten geschwärmt? Die kosten zwar Geld, sind aber nachhaltig und das beste: die stinken nicht. Halt nein, noch besser: sie sind um einiges sauberer als die Dixi-Klos. Und noch viel besser: die Leute von Goldeimer unterstützen soziale Projekte! Ähnlich wie Viva con Agua es mit Brunnen und Trinkwasser hält, nur eben für Toiletten. Gute Sache für alle! Da zahl ich gerne die 15 Euro für ein ganzes Wochenende voller schöner Toiletten – halt stop, Vivi hat’s ausgeben. Danke dafür!
Mein Plan: um halb Zwei bei Grossstadtgeflüster zu stehen! Jans Plan: um eins bei Sookee stehen. Gut. Das ließ sich kombinieren. An der Mountain Stage entschieden wir uns allerdings doch gegen das Stehen und setzten uns an den Rand in den Schatten, weil es einfach unerträglich heiß in der prallen Sonne war. Sookee – ich kannte die gar nicht – gefiel mir gut. Vor allem menschlich! Musikalisch fand ich’s nur okay, aber wenn sie redete, war sie unfassbar sympathisch und witzig. Und natürlich politisch. Aber das ist okay. Darf man als Musiker gerne sein.
Bei Grossstadtgeflüster standen wir ebenfalls eher abseits. Leider. Ich hätte mich da wirklich gerne vorne in die Menge geworfen. War da mit dieser Meinung aber anscheinend alleine. Also standen wir am Rand im Schatten neben den Dixi-Klos. Die Stimmung war trotzdem gut! Wie könnte es auch anders sein, diese Band hat einfach so unfassbar viel Energie und Spaß an dem, was sie da tun. Das steckt an! Leider gab’s recht viele Sound- und Technik-Probleme – nicht anders kennt man es von der River Stage. Dann wird eben kurz eine Strophe acapella gesungen. Was soll’s.
Vivi und Jan sind schon mal zu vorgegangen You Me At Six, wir wollten bis zum Ende bei Grosstadtgeflüster durchhalten. Daher trafen wir uns anschließend beimJack Daniel’s Stand zwischen beiden Bühnen – eher an der Forest Stage – wieder. Überraschend waren You Me At Six gar keine Indie-Hipster, sondern durchaus rockig. Das gefiel mir gut. Konnten wir leider nicht so genießen, denn OK Kid waren auch am Eichenring und die durften wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Darum ging es nach kurzer Zeit zurück zur Mountain Stage.
Dort suchten wir ewig nach einem Schattenplatz. Den wir schlussendlich auch fanden. Sehr weit hinten. Ich wippte mit. Feiern kann man bei den Jungs tendenziell nicht so gut. Aber musikalisch sind sie einfach ein Highlight. Allerdings: zum ersten Mal habe ich nicht geweint. Ich war unfassbar stolz auf mich! Unsere Wege trennten sich hier ein zweites Mal: Vivi und Jan wollten The Streets und Wolfmother sehen. Necim und ich jedoch Alma. Daher wurde der Treffpunkt »Camp« ausgemacht.
Ärgerlich an der ganzen Sache: jeder wollte Alma sehen! Oder aber jeder suchte nach einem schattigen Plätzchen. Denn die Coast Stage (ehemals White Stage – das Zelt) war vollkommen überfüllt. Einlassstop. Neeein! Wir haben Alma doch schon bei Mø in der Großen Freiheit 36 verpasst! Ich war voller Hass. Ja gut, dann kann man auch direkt zurück zum Zeltplatz. Schade. Sollte wohl nicht sein.
Ein kurzes Nickerchen später waren auch Jan und Vivi wieder zurück und wir kamen auf die glorreiche Idee, möglichst alles, was wir nicht mehr brauchen zusammenzupacken, damit wir am nächsten Tag nicht so viel Stress hätten. Schwups war alles weg, was nicht niet- und nagelfest war. Unsere Nachbarn taten es uns gleich. Die reisten allerdings schon abends ab.
Mist. Bausa haben wir Dank dieser Aktion leider verpasst. Nun ja. Der ist ja noch jung, den kann man bestimmt nochmal irgendwo sehen. Zu The Cure schafften wir es natürlich – die spielten aber auch ewig. Man sind die alt geworden. Und aufgequollen. Interaktion mit dem Publikum? Fehlanzeige. Es klang natürlich auch alles gleich. Nun ja, immerhin kann ich sagen, dass ich sie mal gesehen habe. Während ich hier also an der River Stage auf mein Fladenbrot gefüllt mit Mozzarella wartete, traf ich meinen Chef. Der war dieses Mal sehr kurz angebunden. War auch wieder eine komische Situation, weil ich irgendwie nicht damit rechnete.
Da The Cure nicht sonderlich viel gute Stimmung verbreiteten, entschieden wir uns für eine wilde Fahrt mit dem Riesenrad. Die Aussicht war schon erstaunlich. Die Geschwindigkeit, mit der sich das Rad drehte aber auch. Jan wirkte etwas panisch. Der hat aber auch Höhenangst. War eine ganz nette Erfahrung, das gesamte Festivalgelände zu überblicken! Noch dazu bei romantisch-diffuser Sonnenuntergangsstimmung. Ach war das spannend. Das Fladenbrot war übrigens unfassbar enttäuschend. Obwohl es deutlich teurer als ein Handbrot war, bekam man deutlich weniger für sein Geld – vor allem deutlich weniger Geschmack.
Auf zur Forest Stage! Denn es war soweit: The Cure spielten bereits ihre bekannteren Lieder. Das bedeutete: es neigte sich alles ganz langsam dem Ende entgegen. Die Foo Fighters standen in den Startlöchern. Und haben mich mit Pauken und Trompeten unfassbar enttäuscht. Der gesamte Auftritt bestand mehr aus Bridges, Gitarren- und Schlagzeugsolos, als aus wirklichen Songs. Das hat unfassbar genervt. Wenn ich mir ein Konzert anschaue, möchte ich Lieder hören. Lieder, bei denen man mitsingen kann. Lieder, die man leben kann, weil man sie kennt. Das geht bei improvisierten Instrumentals nun leider wirklich nicht.
Müde und erschöpft, wie wir waren, verließen Necim und ich daher das Festivalgelände und erklärten damit das Festival für beendet. Schade. Geht doch immer irgendwie viel zu schnell vorbei!
Der Montag begann dafür noch früher als die vorangegangen Tage – lag im Zweifel daran, dass es die ganze Nacht über so unfassbar laut war. Und so packten wir sehr zeitig den Rest zusammen, schleppten ihn zum Auto und traten die Heimreise an. Die Polizeikontrolle haben wir noch mitgenommen, ehe wir uns dann einer vernünftigen Dusche hingeben konnten um wieder alltagstauglich anzumuten.
Tschüss, Hurricane. Bis nächstes Jahr!
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